Die Rolle des Bindestrichs bei der Konventionalisierung von Zusammensetzungen
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Danguolė Satkauskaitė
Published 2008-01-01
https://doi.org/10.15388/Klbt.2008.7613
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Satkauskaitė, D. (2008) “Die Rolle des Bindestrichs bei der Konventionalisierung von Zusammensetzungen”, Kalbotyra, 59, pp. 253–260. doi:10.15388/Klbt.2008.7613.

Abstract

Eine Besonderheit der deutschen Sprache ist ihre Vorliebe für Zusammensetzungen. Vor allem im 20. Jahrhundert macht sich die Tendenz bemerkbar, immer umfangreichere Zusammensetzungen zu bilden (vgl. Wolff 2004, 238f; Nerius 2007, 188). Folglich nimmt auch die Bindestrichschreibung rapide zu. Die zu häufige Verwendung des Bindestrichs (gemeint wird vor allem der Erläuterungsbindestrich bzw. Divis) wird auch in den meisten linguistischen Auseinandersetzungen mit dem Bindestrich beanstandet (Niederhauser 2006, 87) und sogar durch bildhafte Diagnosen, wie „Zergliederungs-Sucht“ (Heller 2000), „Koppelitis“ (Sick 2005, 71) oder Bindestrich-Inflation (Starke1993), bezeichnet. 

Doch das eigentliche von den Linguisten kritisierte und analysierte Problem ist nicht die Häufigkeit, sondern die Uneinheitlichkeit der Bindestrichschreibung, d. h. der von den orthographischen Regeln abweichende, ja, sogar chaotische Gebrauch des Bindestrichs.

Als Ursachen für diese ungeregelte Verwendung des Bindestrichs wird einerseits die Unbekanntheit oder die unzureichende Akzeptanz der Rechtschreibregeln genannt (vgl. Starke 1993, 51), andererseits die im Laufe der Rechtschreibgeschichte immer mehr und immer komplizierter werdenden Regeln zum Bindestrich (Bernabei 2003, 195). Die neuen Rechtschreibregeln geben den Schreibenden noch mehr Freiheit für den Gebrauch des Bindestrichs, was zu einer noch größeren Uneinheitlichkeit führt.

Meines Erachtens ist die Verwendung des Bindestrichs keineswegs so regellos und chaotisch, wie es auf den ersten Blick erscheinen mag. Die ständig kritisierte Uneinheitlichkeit der Bindestrichschreibung ist nach meiner Ansicht für den Prozess der Konventionalisierung bzw. Lexikalisierung von Komposita unvermeidbar. Wie G. Starke treffend bemerkt, „bilden Wörter mit Erläuterungsbindestrich eine Durchgangsstation auf dem Wege der Univerbierung (mit Zusammenschreibung). Damit sind in einer Übergangszone schwankende Schreibweisen verbunden.“ (Starke 1993, 60) Die Schreibung wird schrittweise vereinheitlicht und stabilisiert sich erst, wenn das Kompositum völlig im Lexikon integriert ist.

Es lassen sich zwei Hypothesen formulieren, die überprüft werden sollen: 1. Die Zusammenschreibung überwiegt gegenüber der Bindestrichschreibung, je mehr die Bestandteile eines Kompositums konventionalisiert sind. 2. Die Zusammenschreibung überwiegt gegenüber der Bindestrichschreibung, je mehr das Kompositum selbst konventionalisiert ist.

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